Im Frühjahr 2020 besuchte uns das Metallbau Magazin. In der Ausgabe 7-8/2020 erschien nun der Artikel unter dem Titel "Biegetechnik und Metallbau - Synergien: Stahlbau, -handel & Biegen". Hier finden Sie einen Auszug des Artikels.
Untitz ist ein Ortsteil von Wünschendorf im Landkreis Greiz in Thüringen, Sitz der Firma Schleicher Metall- und Biegetechnik. Vor über 150 Jahren ließ sich der Ururgroßvater des heutigen Inhabers Thomas Schleicher dort als Dorfschmied nieder. Die DDR überstand die Firma als Ein-Mann-Betrieb mit helfender Ehefrau, 1982 und 1986 traten Sohn und Schwiegersohn in die Firma mit ein. Der Mangelwirtschaft setzte man Fachwissen und Kreativität entgegen, führte kleine Industriezulieferungen aus und beschäftigte sich mit Treppen und Geländern. Die politische Wende brachte neue Herausforderungen: Die Zulieferaufträge fielen weg und die Bevölkerung brauchte zwar viel, hatte aber wenig Geld. Anfang der 1990er Jahre fiel die Entscheidung zur Spezialisierung auf das Biegen. Eine Rohrbiegemaschine für 50.000 DM wurde von RASI Maschinenbau gekauft, „die erste richtige Investition“, wie Thomas Schleicher sagt.
Mittlerweile stehen viele CNC-gesteuerte und einige konventionelle Biegemaschinen und -vorrichtungen in der Halle. Der gelernte Werkzeugmacher mit Meistertitel im Schlosser- und Schmiedehandwerk übernahm 1997 den Betrieb vom Vater, gemeinsam mit seiner Frau Katrin. „Beim Ausbau der Lohnbiegerei entschieden wir uns für RASI, weil der Maschinenbauer damals Vorreiter in puncto Software-Entwicklung für Biegemaschinen war und für unsere Bedürfnisse vielversprechende Lösungen anbieten konnte. Unser Credo war und ist: Das erste Teil muss passen“, sagt Thomas Schleicher. Auf den CNC-Maschinen werden sowohl individuelle als auch Serienarbeiten erledigt, die Stückzahlen liegen zwischen 1 und 500. „Je anspruchsvoller die Geometrie, desto mehr sind wir in unserem Element.“
Halbzeuge besser vom Biegebetrieb
Thomas Schleicher erläutert, dass beim Biegen die Werkstoffeigenschaften der Halbzeuge eine wichtige Rolle spielen, weil sie von Charge zu Charge nie ganz identisch sind. Das zu biegende Material federt immer zurück, sodass bei einem gewollten Biegewinkel von 90 Grad nach dem Entspannen beispielsweise nur 87 Grad gemessen werden. Die Biegewinkel müssen aber von 5 bis 180 Grad exakt sein, vor allem wenn Teile mit mehreren Bögen und verschiedenen Zwischenlängen gebogen werden sollen. Durch Biegeversuche könne man zwar eine sogenannte Korrekturkurve pflegen, die dann von der Maschinensoftware so verarbeitet wird, dass alle am Biegeprozess beteiligten Komponenten punktgenau positionieren. Das sei aber ziemlich komplex und immer nur für die jeweilige
Charge gültig. Bei einer neuen Materiallieferung muss meist wieder angepasst werden. „Deshalb verwenden wir im Tagesgeschäft nur eigenes und kein Kundenmaterial“, betont Thomas Schleicher und ergänzt: „Kunden, für die wir sehr viel biegen, liefern uns allerdings ihr eigenes Material. Die verarbeitete Menge teilt sich insgesamt hälftig.“ Die Problematik macht der Firmeninhaber an einem Beispiel deutlich: Kürzlich wurde ein größerer Posten kundeneigenes Material zweidimensional im Walzenbiegeverfahren bearbeitet. Dabei ergab sich bei exakt identischer Biegerollen
positionierung eine sehr große Streuung des erzielten Biegeradius außerhalb der geforderten Toleranz. In mehreren zusätzlichen Walzgängen musste das korrigiert werden. „Die Ursache war eine sehr große Materialinhomogenität, die wir aber nicht tiefgründiger untersuchten, weil wir uns mit unserem Kunden finanziell über die Mehraufwendungen beim Biegen einigen konnten.“
Das Fazit: Materialeinkauf ist in gewisser Weise Vertrauenssache und manchmal legt man die Ersparnisse vom Einkauf um ein Vielfaches bei der Verarbeitung wieder drauf. „Das A und O ist homogenes Material, damit es sich beim Biegen gleichmäßig verhält“, betont Schleicher.
Mit Dienstleistern in Kooperation
Die Kernkompetenzen des Betriebes liegen beim Biegen, Schweißen und Schleifen. Als Biegeverfahren werden Dorn- und Walzbiegen, 3D-Biegen und Spezialbiegen für Nutrohre, U-Profile oder Treppen-Unterverkleidungen angeboten. Bei anderen Bearbeitungsverfahren wie Laserschneiden, Drehen, Fräsen und Oberflächenveredlung wird mit Partnerfirmen kooperiert. Dadurch ist man in der Lage, spezielle Industriezulieferungen anzubieten. Die Kunden kommen u.a. aus der Landtechnik, dem Maschinen-, Geräte-, Fahrzeug-, Yacht- und Schiffsbau. Die meisten Kunden sind Stahl- und Metallbauer. Vom Lager über die Verarbeitung bis zur Auslieferung wird strikt auf die Trennung von Schwarz- und Edelstahl geachtet. Über die letzten 40 Jahre wurde ein besonderer Erfahrungsschatz rund um das Thema Treppe und Geländer aufgebaut. Vom Handlaufkrümmling über dorn- oder wendelgebogene Geländerteile bis zur kompletten Treppenanlage mit gebogenen Wangen, lasergeschnittenen Stufenträgern sowie 3D-gebogener Blechunterverkleidung kann alles passgenau gefertigt und vormarkiert geliefert werden. Hierfür gibt es einen Maschinenpark mit jeweils drei CNC-Rohr-, Profil- und Walzbiegemaschinen. Speziell für die Treppenwangen wurde eine sehr leistungsstarke Walze angeschafft, die sogar Wangendicken bis 25 mm bearbeiten kann. Eine weitere Spezialität ist das Biegen von Nutrohren und Glasabdeckprofilen. „Wir machen fast alles, was sich Architekten ausdenken“, verweist Thomas Schleicher mit Stolz auf diesen Service. Geliefert wird zurzeit bundesweit sowie nach Österreich und Italien.
Grundsortiment auf Lager
Auf Lager hat das Unternehmen Rohre mit Durchmessern zwischen 6 und 88,9 Millimetern und überwiegend in Längen von sechs Metern. Es sind u.a. geschweißte sowie nahtlose Rundrohre, Stab- und Profilstähle in den Werkstoffen S235, 1.4301, 1.4571. Das Schwarzstahl-Lager ist gut bestückt, aber übersichtlich, da es in zehn Kilometer Entfernung einen Stahlhändler gibt, der schnell liefern kann. Im Edelstahlbereich ist das Lager größer, „weil wir die Edelstahlrohre vielfach in geglühtem Zustand vorrätig haben“, sagt der Chef und begründet: „Das Material ist homogener, beim Biegen gibt es geringere Abweichungen. Das ist zwar teurer, spart aber Zeit bei der Bearbeitung.“ Generell sind Größen und Qualitäten vorrätig, die einerseits gängig, andererseits speziell sind und auf dem modernen Maschinenpark verarbeitet werden können.
Hier gelangen sie zum ganzen Artikel: https://www.metallbau-magazin.de/artikel/mb_Biegetechnik_Metallbau_3548328.html
Quelle: www.metallbau-magazin.de
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